Nützliche Pilze könnten eine wichtige Rolle dabei spielen, die Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten. Ein Forschungsteam der Universität Zürich (UZH) setzt auf gesunde Böden. Es will mit Mykorrhiza-Pilzen das Pflanzenwachstum fördern, die Erträge steigern und den Einsatz von Pestiziden und Düngern verringern.

In der Schweiz werden heute pro Jahr über 2'000 Tonnen Pestizide verbraucht. Zum Schutz der Umwelt und für eine zukunftsfähige Landwirtschaft muss der Einsatz von Pestiziden und mineralischen Düngemitteln reduziert werden. Denn diese hinterlassen Spuren im gesamten Ökosystem: Sie bedrohen die Biodiversität und gefährden auch die menschliche Gesundheit. Für eine zukunftsgerichtete Landwirtschaft werden deshalb dringend alternative Lösungen benötigt. Pilotstudien zeigen, dass Mikoorganismen das Immunsystem von Pflanzen aktivieren, ihre Nährstoffaufnahme verbessern und die Erträge steigern können. Eine «Impfung» des Ackerbodens mit natürlichen Pilzen, den Arbuskulären Mykorrhizapilzen (AMF), könnte deshalb ein entscheidender Hebel für eine nachhaltigere Landwirtschaft sein.
Mykorrhiza-Pilze brauchen Pflanzen als Partner, um sich zu ernähren. Der Pilz verbindet sich in der Erde mit dem Wurzelwerk der Pflanze und wird von dieser mit Kohlenhydraten und Fettsäure versorgt. Im Gegenzug erhält die Pflanze vom Pilz verschiedene Nährstoffe. Diese wirken als natürliche Dünger, die das Pflanzenwachstum fördern. Das wachstumsfördernde Potenzial der Mykorrhia-Pilze ist zwar bekannt, jedoch wurde die Wirkung der Pilze und ihre Wechselwirkungen mit Nutzpflanzen unter Praxisbedingungen noch nicht gründlich untersucht. Die Mykorrhia-Pilze gehen ausserdem mit Bakterien in der Erde eine komplexe Partnerschaft ein. Eigenschaften und Nutzen dieser sogenannten «Multi-kingdom-cooperations» sind ebenfalls noch gänzlich unerforscht.
«Das Wissen über Bodenbiodiversität für das Funktionieren von landwirtschaftlichen und natürlichen Ökosystemen ist noch lückenhaft. Dabei ist es für uns zentral herausfinden, wie wir die Erde mit gutem Mikrobiom ausrüsten können.»
Prof. Dr. Marcel van der Heijden, Professur für Agrarökologie und Pflanzen-Mikroben-Interaktionen an der UZH und Leiter der Forschungsgruppe Pflanzen-Boden-Interaktionen bei Agroscope
Erste Pilotstudien mit Mais haben gezeigt, dass eine «Impfung» des Bodens mit AMF die Pflanzen resistenter gegen Umwelteinflüsse macht und ihre Nährstoffaufnahme verbessert. Das Forschungsprojekt von UZH-Professor Marcel van der Heijden will diesen Effekt in grossangelegten Feldversuchen für verschiedene wichtige Kulturpflanzen testen. In Gewächshausversuchen werden parallel weitere Gemeinschaften von Mikroorganismen entwickelt und getestet. Das langfristige Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines Produktes, das in der Landwirtschaft breitflächig angewandt werden kann. Um die Einbindung des Verfahrens in Nachhaltigkeitspraktiken in der Schweizer Landwirtschaft zu gewährleisten, werden die Forschenden von Beginn an mit landwirtschaftlichen Akteuren und Unternehmen zusammenarbeiten und den Dialog mit der Politik suchen.
Das Projekt ist im Umfeld der interdisziplinären One Health-Forschung angesiedelt. Das Konzept von One Health geht von der Erkenntnis aus, dass die menschliche Gesundheit eng verzahnt mit der Gesundheit von Tieren, Pflanzen und der Umwelt ist. Das Forschungsvorhaben knüpft an diesen Ansatz an, indem es auf die Förderung widerstandsfähiger Pflanzen, die Reduktion von umweltschädlichen Pestiziden und die Verbesserung der Bodenqualität als Grundlage gesunder Nahrungsketten abzielt. Der Ansatz von Professor van der Heijden stellt einen komplementären Beitrag zur One Health-Forschung dar, indem die zentrale Bedeutung der Bodengesundheit und der mikrobischen Vielfalt für die Gesundheit von Pflanzen, Menschen und Tieren fokussiert wird. Das Forschungsprojekt hat das Potenzial, eine grosse Wirkung in der Schweizer Landwirtschaft zu entfalten: Hochrechnungen zufolge sind neben den Umweltvorteilen dank geringerer Ernteverluste zusätzliche Einnahmen von 50-100 Millionen Franken pro Jahr zu erwarten.
Unterstützen Sie die Forschung an der UZH im Bereich Nachhaltigkeit. Mit diesem innovativen Forschungsprojekt wird eine natürliche Lösung angestrebt, um den Einsatz von Pestiziden zu verringern und die Landwirtschaft produktiver und nachhaltiger zu gestalten.
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